
Tipps für geeignete Rettungskonzepte
In BGN-Mitgliedsbetrieben kommt es immer wieder zu Notfällen, bei denen sofortige Maßnahmen über Leben und Tod entscheiden. Stürzt beispielsweise ein Servicetechniker in den oberen Etagen eines Tiefkühl-Hochregallagers ab oder wird ein Brauer im Inneren eines Gärtanks bewusstlos, ist schnelle Hilfe gefragt. Um die schlimmsten Unfallfolgen zu verhindern, müssen Unternehmen praxiserprobte Rettungsverfahren etablieren. Doch was bedeutet das konkret?
Ein Rettungskonzept sollte so strukturiert sein, dass betriebliche Rettungskräfte in kürzester Zeit an den Unfallort gelangen und die verunglückten Personen ohne zusätzliche Risiken aus der Situation befreien, erstversorgen und an den externen Rettungsdienst übergeben können. In der betrieblichen Praxis werden spezielle Betriebsanweisungen und Checklisten verwendet, um die Beschäftigten vorab über die notwendigen Maßnahmen im Ernstfall zu informieren. Welche Informationen und Anweisungen darin enthalten sein müssen, ist nicht genau festgelegt, da jeder Arbeitsplatz unterschiedlichste Gefährdungen und Bedingungen aufweist. Auch hier bildet die betriebliche Gefährdungsbeurteilung die Basis für eine zielgerichtete Betrachtung. Ergibt die Beurteilung, dass der Eintritt eines Notfalls nicht ausgeschlossen werden kann, ist ein Rettungskonzept erforderlich. Dabei sollten wahrscheinliche Szenarien Ausgangspunkt der weiteren Planungen sein.
Ein Rettungskonzept für ein solches Notfallszenario besteht grundsätzlich aus mindestens zwei wesentlichen Aspekten: erstens dem konkreten Rettungsplan und zweitens der regelmäßigen Unterweisung. Im Rettungsplan werden die notwendigen Kompetenzen der Retterinnen und Retter und deren Anzahl, die zur Rettung benötigte Ausrüstung sowie die Rahmenbedingungen, unter denen der Plan umgesetzt werden soll, beschrieben. Bei der Unterweisung, meist als jährliche Rettungsübung durchgeführt, wird die praktische Durchführung in Theorie und Praxis geübt und verbessert.
Rettungsplan
Jedes wahrscheinliche Notfallszenario erfordert einen separaten und angepassten Rettungsplan. Am Beispiel eines Hochregallagers könnte dies etwa ein Kreislaufzusammenbruch im hoch gelegenen Bedienstand eines Regalbediengeräts sein. Aber auch ein Sturz innerhalb der Regalkonstruktion in einen Auffanggurt kann vorkommen. Hierfür sollte der Rettungsplan den zeitlichen Ablauf der Rettungskette beinhalten. Konkret muss klar sein, wie schnellstmöglich festgestellt werden kann, dass es sich um einen Notfall handelt. Danach müssen die zur Rettung notwendigen Personen alarmiert werden und deren Ausrüstung verfügbar sein. Selbstverständlich ist es sinnvoll, Beschäftigte, die sich in diesem Arbeitsbereich bereits auskennen, vorrangig als Retterinnen und Retter auszubilden. Auch der Platz zur Erstversorgung und Übergabe an den externen Rettungsdienst sollte im Rettungsplan festgelegt sein. So kann beim Eintreffen des Rettungsdiensts am Werkstor eine zügige und eindeutige Einweisung erfolgen.

Anforderungen an rettende Personen
Alle Beschäftigten, die eine berufliche Tätigkeit in absturzgefährdeten Bereichen ausüben, müssen hierfür körperlich und geistig geeignet sein sowie die notwendigen Kompetenzen mitbringen. Die Ausbildung zum betrieblichen Ersthelfer ist dabei eine Grundvoraussetzung. Bei einer Rettung treten zusätzliche hohe körperliche und psychische Belastungen auf. Am Beispiel des Hochregallagers, in dem persönliche Absturzschutzsysteme genutzt werden, gibt die DGUV Regel 112-199 „Benutzung von persönlichen Absturzschutzausrüstungen zum Retten“ Orientierung. Spätestens während der Rettungsübungen zeigt sich, ob die Beschäftigten in der Lage sind, die gewählten Rettungsverfahren umzusetzen.
Welche Rettungsverfahren gibt es?
Bei der passiven Rettung wird die zu rettende Person mit einem Rettungssystem (z. B. Rettungshub- und Abseilgerät) nach oben oder unten bewegt, während die rettende Person die Rettung durchführt.
Bei der aktiven Rettung begibt sich die rettende Person, beispielsweise mittels Abseilgerät, zu der zu rettenden Person und bewegt sich gemeinsam mit dieser nach unten.
Bei einer plötzlich auftretenden Gefahrensituation wie etwa einem Brand müssen Personen einen hoch gelegenen Arbeitsplatz oder Verkehrsweg selbstständig verlassen. Dies wird als Selbstrettung bezeichnet.
Zusätzlich gibt es Rettungssysteme, die einen Absturz erkennen und die in ein Auffangsystem gefallene Person automatisch zu Boden lassen, beispielsweise Höhensicherungsgeräte mit selbsttätiger Ablassfunktion.
Ausrüstung
Je nach gewähltem Rettungsverfahren sind geeignete Geräte oder Ausrüstungen festzulegen und am Einsatzort leicht zugänglich, aber vor schädlichen Umwelteinflüssen geschützt, bereitzuhalten. Diese müssen robust sein sowie einfach und intuitiv bedient werden können. Die Rettungsausrüstung sollte auch vor Ort gelagert werden, um unnötige Such- und Transportzeiten zu vermeiden. Am Arbeitsplatz bereits vorhandene Arbeitsmittel (z. B. Leiter, fahrbare Hubarbeitsbühne, Flurförderzeug mit Arbeitskorb, Kran) können auch als Rettungsmittel verwendet werden. Für viele Notfallszenarien bietet sich die Verwendung von speziellen Rettungswinden, Rettungskränen oder Rettungsrutschen an. Diese teils automatisierten Systeme erhöhen die Erfolgschancen im realen Einsatz erheblich.
Unterweisung
Die Qualität regelmäßiger Rettungsübungen entscheidet über den Erfolg im Ernstfall. Deshalb werden besondere Anforderungen an die Unterweisenden und die Inhalte der Unterweisung gestellt. Der DGUV Grundsatz 312-906 „Grundlagen zur Qualifizierung von Personen für die sachkundige Überprüfung und Beurteilung von persönlichen Absturzschutzausrüstungen“ fasst diese Qualitätskriterien übersichtlich zusammen. Nur durch regelmäßiges Üben kann der Plan auch in einer belastenden Notfallsituation erfolgreich umgesetzt werden. So erhalten die für die Rettung vorgesehenen Beschäftigten die notwendige Handlungssicherheit.

Ein gut durchdachtes und geübtes Rettungskonzept rettet Leben und hilft Unternehmen dabei, ihrer Fürsorgepflicht gegenüber den Mitarbeitenden nachzukommen.
Praxistipps
- Das beste Rettungskonzept ist eines, das gar nicht benötigt wird. Oft können Gefahren, die eventuell eine Notfallsituation verursachen, generell ausgeschlossen werden. Muss der Braumeister wirklich regelmäßig in den Tank einsteigen oder ist eine technische Lösung langfristig besser? Muss der Lagerist bei jeder Störung im Hochregallager zwischen den Stahlträgern und Traversen herumklettern, oder ist es sicherer und schneller, mit einem Rollwagen einzufahren?
- Passen Sie das Übungsszenario dem Ausbildungs- und Ausrüstungsstand an. Erfolgreiche Rettungsübungen steigern die Motivation und Handlungsbereitschaft.
- Testen Sie die Rettungsausrüstung vor dem Kauf. Vertrauenswürdige Hersteller bieten persönliche Vor-Ort-Einweisungen und Praxistests ihrer Produkte an.
- Beziehen Sie die Beschäftigten von Beginn an mit ein, denn die Akzeptanz der Anwendenden ist unverzichtbar. Deren Erfahrungen, Fachkenntnisse und Motivationen sind der entscheidende Erfolgsfaktor.
- Nutzen Sie die bereits vorhandenen Hilfsmittel. Im Notfall können Regalbediengeräte, Hubarbeitsbühnen, Kräne und ähnliche Arbeitsmittel eine schnelle und schonende Rettung sicherstellen. Dadurch verringert sich auch der Investitions-, Prüf- und Übungsaufwand.
Abschließend gilt: Ein gut durchdachtes und geübtes Rettungskonzept rettet Leben und hilft Unternehmen dabei, ihrer Fürsorgepflicht gegenüber den Mitarbeitenden nachzukommen. Durch den Einsatz moderner Ausrüstung und regelmäßige Schulungen können Arbeitsplätze sicherer gestaltet und die Folgen von Unfällen erheblich minimiert werden.
Auf einen Blick: die essentiellen Bestandteile von Rettungskonzepten sowie deren Einbindung in die betriebliche Arbeitsschutzorganisation.
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