Mit Obst dekoriertes Cocktailglas umgeben von Barmixgeräten.
BGN bringt Arbeitsschutzthemen in die Berufsschule

„Shake it till you make it“ – wie Azubis Theorie mit Praxis mixen

Wo Block und Stift gegen Shaker und Jigger, Lehrkraft gegen Barkeeper-Profi und Theorie gegen Praxis getauscht werden, da trifft Berufsschule auf Berufsgenossenschaft. In einer Berufsbildenden Schule in Kaiserslautern wurden Arbeitsschutz, Lehrplan und Spaß bei der sogenannten „Lernortkooperation“ miteinander kombiniert. Ein Besuch vor Ort.

Cocktails schlürfen, mit Freunden lachen und dabei noch etwas lernen – klingt fast wie Freizeit. Ist es aber nicht. Für einen Tag kam Gastronomieberater und Coach Erdem Türkmen zu Besuch in eine Klasse der Berufsbildenden Schule I Technik in Kaiserslautern. Die angehenden Fachkräfte für Gastronomie und Hotellerie lernten, wie man alkoholfreie Cocktails mixt und die Drinks so dekoriert, dass sie zum Hingucker werden. Ein bisschen Theorie zur Cocktailkunde durfte auch nicht fehlen. Gastroprofi Erdem Türkmen weiß, wovon er spricht. Schließlich hat er unter anderem die Landescocktailmeisterschaften Baden-Württemberg in der Kategorie „Freestyle“ gewonnen.

Doch es wurden auch nachdenklichere Töne angeschlagen: Denn wo gefeiert wird und Alkohol fließt, können bedenkliche Konsummuster entstehen – das schließt Beschäftigte an der Bar nicht aus. Zusammen mit Suchtberaterinnen der BGN reflektierten die Schülerinnen und Schüler die Entstehungsbedingungen von Sucht, Auswirkungen von problematischem Alkoholkonsum und welche Hilfsangebote es hierfür gibt. 

Was ist eine Lernortkooperation?

Bei der sogenannten Lernortkooperation bringt die BGN Schülerinnen und Schüler in Berufsschulen mit Fachexperten aus der Gastrobranche zusammen. Gemeinsam setzen sie sich mit einem spezifischen Thema ihres zukünftigen Berufs auseinander und bekommen dabei Einblicke in die Praxis. Voraussetzung ist, dass die Schülerinnen und Schüler eine Ausbildung in einem BGN-Mitgliedsbetrieb machen.

Beispiele, worum es bei einer Lernortkooperation gehen kann, sind das Mixen von alkoholfreien Cocktails, das Flambieren von Speisen oder Filetieren von Fisch und Fleisch. Die Fachexpertin oder der Fachexperte zeigt die richtige Vorgehensweise, die Schülerinnen und Schüler probieren alles direkt aus. Die Azubis lernen außerdem, worauf sie achten müssen, damit sie von Anfang an sicheres und gesundes Arbeiten verinnerlichen. Jedes berufsspezifische Thema wird also mit einem Thema aus dem Arbeits- und Gesundheitsschutz kombiniert, zum Beispiel Barkeeper-Kunde mit Suchtprävention, Flambieren mit Brandschutz oder Filetieren mit dem sicheren Umgang mit Messern.

Ein Gewinn für alle

Durch die Lernortkooperation ermöglichen die Berufsschulen ihren Schülerinnen und Schülern, berufsspezifische Inhalte zu vertiefen, die nicht nur Teil ihrer Prüfung, sondern auch Teil ihres Jobs sind. Davon profitieren auch diejenigen, in deren Ausbildungsbetrieb das Thema der Lernortkooperation nicht vorkommt.

Die Fachexpertinnen und Fachexperten aus der Praxis geben ihr Wissen an den Nachwuchs der Branche weiter und stellen so mittel- bis langfristig sicher, dass qualifiziertes Personal zur Verfügung steht.  

Für die BGN ist die Lernortkooperation eine Möglichkeit, ihre Versicherten so früh wie möglich zu schulen, um spätere Arbeitsunfälle und Beschwerden durch die Arbeit zu vermeiden.

Und das sagen die, die dabei waren

Die Azubis

Nico Wagner macht seine Ausbildung in der Systemgastronomie. Er findet es gut, dass er über Cocktails etwas lernt – gerade weil das in seinem Ausbildungsbetrieb sonst kein Thema wäre: „Es ist gut, weil ich dann mitreden kann, wenn Fragen vom Kunden kommen. Man lernt auf jeden Fall dazu. Die Theorie war gut, ich habe alles verstanden. Man kann sich hier gut ausprobieren. Wir konnten selbst entscheiden, was wir tun, und hatten keinen Druck untereinander.“

Nevin Temel lernt Hotelfachfrau: „Was ich heute gelernt habe, kann ich in meinem Beruf gebrauchen. Es ist mehr als nur die Tafel anschauen, mehr als nur Schreiben und Zuhören. Vielleicht kann ich etwas an meiner Arbeit verbessern, weil ich es heute anders gelernt habe. Ich würde es definitiv immer wieder machen und weiterempfehlen. Es gab nur schöne Momente. Es war immer jemand da, den wir nach Hilfe fragen konnten.“

Nevin und Nico probieren sich beim Dekorieren von Cocktails aus

Nevin Temel wollte schon als Kind Hoteltesterin werden und viel reisen – die Lehre soll sie diesem Traum näherbringen. Nico Wagner mag an seinem Ausbildungsberuf neben den Weiterbildungsmöglichkeiten die Vielfalt und Sinnhaftigkeit.

Die Lehrerin 

Nicole Spohr, Lehrerin an Berufsschule Nord in Kaiserslautern für den Bereich Nahrung und Körperpflege, unterrichtet Hotelfach- und Restaurantfachklassen sowie angehende Köchinnen und Köche. Das denkt sie über das Angebot der Lernortkooperation der BGN: „Ich finde es gut, dass so ein Angebot gemacht wird, weil es sehr wichtig für unsere Schüler ist. Sie sind alle im Gastronomiebereich eingesetzt. Da hat das Thema Sucht und Alkohol einen hohen Stellenwert und auch das Cocktail-Mixen, gerade im Restaurantbereich, einen wichtigen und direkten Praxisbezug.“

Das Thema der heutigen Lernortkooperation passe sehr gut in den Lehrplan, weil die Restaurantfachleute in ihrer Prüfung Cocktails mixen müssen, so Spohr, die auch als Suchtpräventionsbeauftragte der Schule tätig ist. Sie erinnert sich: „Es gab gar keine Diskussion. Der Schulleiter war sofort dafür, dass wir das machen.“

Der externe Profi

Erdem Türkmen ist Hotelbetriebswirt, gelernter Restaurantfachmann und Barprofi mit umfassender Berufserfahrung. Er hat 25 Jahre Expertise im Umgang mit Spirituosen und Getränken und arbeitet seit 15 Jahren mit der BGN zusammen.

„In der heutigen Zeit, wo uns in dieser Branche Fachkräfte fehlen, ist es mir unheimlich wichtig, Fachwissen weiterzugeben. Dafür leiste ich gerne meinen Beitrag“, so Türkmen, der auch bei der IHK als Prüfer arbeitet. Dort setzt er sich auch dafür ein, dass der Gastronomie-Berufsabschluss, den Migrantinnen und Migranten in ihrem Herkunftsland erworben haben, in Deutschland anerkannt wird. 

Die Zusammenarbeit mit der BGN beschreibt er als unkompliziert: „Das Angebot, das die BGN hier mitorganisiert, ist für die Schüler richtig toll. Die sind daran interessiert, etwas zu lernen.“ 

Erdem Türkmen erklärt wie man Cocktails mixt

Erdem Türkmen, Hotelbetriebswirt, gelernter Restaurantfachmann und Barprofi, ist nicht nur an Berufsschulen unterwegs, sondern hilft auch Quereinsteigern beim Start in die Branche.