Eine mittelständische Brauerei in Deutschland, es ist Wochenende. Ein Brauer macht einen Kontrollgang im Lagerkeller. Viele Arbeitsabläufe sind bereits automatisiert, trotzdem ist ein Kontrollgang pro Tag wichtig, um reibungsfreie Prozesse zu gewährleisten. Plötzlich bemerkt der Brauer, dass irgendwo Kohlendioxid austritt. Auf der Suche nach der Ursache kommt er auf dem feuchten Boden ins Rutschen, stürzt unglücklich und bricht sich das Fußgelenk. Wer bekommt von seinem Unfall etwas mit? Wer wird ihm helfen, wenn er selbst dazu nicht in der Lage ist? Eine mögliche Antwort auf diese beiden Fragen heißt: Personen-Notsignal-Anlage. Mit einer PNA kann sichergestellt werden, dass allein arbeitende Beschäftigte bei Notfällen rechtzeitig Erste Hilfe erhalten. Doch beginnen wir weiter vorn.

Wann sprechen wir von Alleinarbeit?

Alleinarbeit liegt vor, wenn Beschäftigte außerhalb von Ruf- und Sichtweite zu anderen Personen Arbeiten ausführen. Es handelt sich somit bei jeglichen Tätigkeiten in Abwesenheit einer anderen Person um Alleinarbeit. Diese kommt in vielen BGN-Branchen und Arbeitsbereichen vor, etwa in Brauereien, Mühlen, in Laboren der Qualitätssicherung und in Logistikbereichen. Sie ist grundsätzlich zulässig, sofern staatliche Regelungen oder Vorschriften der Unfallversicherungsträger die Einrichtung von konkreten Einzelarbeitsplätzen nicht untersagen – das ist beispielsweise beim Einsteigen und Einfahren in Silos ebenso der Fall wie bei Arbeiten in Behältern und engen Räumen. 

„Überwachung“ muss sein

Ist Alleinarbeit notwendig, muss ihre Überwachung gewährleistet werden. Sie kann durch technische oder organisatorische Maßnahmen umgesetzt werden. Zu den technischen Maßnahmen gehört zum Beispiel die Verwendung geeigneter PNA (siehe DGUV Regel 112-139 „Einsatz von Personen-Notsignal-Anlagen“). Zu den organisatorischen Maßnahmen zählen Kontrollgänge von weiteren Personen oder zeitlich abgestimmte Telefonkontakte beziehungsweise Meldesysteme.

Grundlegend für den Einsatz einer PNA sind die Gefährdungsbeurteilung und die Betrachtung der Arbeitsbedingungen am jeweiligen Arbeitsplatz. Die Risikobeurteilung umfasst dabei folgende Aspekte:

• Wie hoch ist die Gefährdung? (GZ, Gefährdungsziffer, Gefährdungsstufe)

• Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit eines Notfalls? (NW, Notfallwahrscheinlichkeit)

• Wie lange dauert es bei einem Notfall, bis eine Erstversorgung erfolgt? (EV, Bewertungsziffer, Zeit zwischen dem Auslösen des Personenalarms und dem Beginn von Hilfsmaßnahmen)

Ermittlung des Risikos

In der bereits genannten DGUV Regel werden Gefährdungsstufen und eine Berechnungsvorschrift zur Risikobeurteilung festgelegt. Bereits aus der Einteilung in die Gefährdungsstufen können sich Konsequenzen für eine Überwachung des Einzelarbeitsplatzes ergeben. Generell wird das Risiko durch den Wert R ausgedrückt. Er errechnet sich aus R = (GZ + EV) × NW. Für ein akzeptables Risiko darf R den Wert von 30 nicht überschreiten, ansonsten sind zusätzliche technische und organisatorische Maßnahmen zur Risikominimierung zu treffen, um die Gefährdungsziffer oder die Notfallwahrscheinlichkeit zu verringern. Sind Maßnahmen zur Risikominimierung nicht möglich und ist R größer als 30, ist Alleinarbeit selbst mit einer PNA nicht zulässig. Das ist auch der Fall, wenn beim Vorliegen einer kritischen Gefährdung die Wahrscheinlichkeit eines Notfalls als hoch eingestuft werden muss.

Personen-Notsignal-Anlagen (PNA) verhindern keinen Unfall, das STOP-Prinzip ist auch hier vorrangig. Sind die Möglichkeiten, das Restrisiko zu minimieren, ausgeschöpft und verbleibt ein akzeptables Risiko R kleiner oder gleich 30, kann bei Alleinarbeit eine PNA zum Start der Rettungskette eingesetzt werden.

Möglichkeiten zum Notrufabsetzen

Sofern die Risikoanalyse eine geringe Gefährdungsstufe ergeben hat, reicht als Notrufmöglichkeit ein Telefon aus, mit dem man nach „draußen“ telefonieren kann (Amtsleitung). Eine Alternative ist das Mobiltelefon, vorausgesetzt im Betrieb ist eine ausreichende und stabile Netzabdeckung gewährleistet. Bereits bei „erhöhter“ Gefährdungsstufe und gleichzeitig vorliegender hoher Notfallwahrscheinlichkeit ist allerdings eine Überwachung mittels PNA erforderlich.

Vorbereitet für den Notfall

Die Betriebsleitung ist für den Arbeitsschutz und die Organisation der Ersten Hilfe verantwortlich. Sie muss alle notwendigen Vorkehrungen treffen, damit nach einem Unfall unverzüglich Erste Hilfe geleistet und eine erforderliche ärztliche Versorgung veranlasst werden kann. Auf den Punkt gebracht: Die Betriebsleitung ist für eine funktionierende Rettungskette verantwortlich. Ein Glied dieser Rettungskette besteht darin, einen Notruf absetzen zu können. Deshalb sind am Ort der Alleinarbeit Notrufmöglichkeiten vorzusehen (siehe DGUV Information 212-139 „Notrufmöglichkeiten für allein arbeitende Personen“). Das können zum Beispiel Festnetz- und Mobiltelefone oder eben eine PNA sein.

Gestürzter Arbeiter liegt auf dem Boden im Gang zwischen Lagerregalen

Die Betriebsleitung muss alle notwendigen Vorkehrungen treffen, damit nach einem Unfall unverzüglich Erste Hilfe geleistet und eine erforderliche ärztliche Versorgung veranlasst werden kann.

Personen-Notsignal-Anlagen (PNA)

Bevor eine PNA ins Spiel kommen soll, müssen alle Möglichkeiten nach dem STOP-Prinzip ausgeschöpft sein. Erst wenn nicht mehr zu minimierende Restgefährdungen verbleiben, sollte die PNA in Betracht gezogen werden. PNA sind technische Einrichtungen, mit denen die Rettungskette in Gang gesetzt wird. Sie bestehen aus einem oder mehreren Personen-Notsignal-Geräten (PNG), die von einer Person mitgeführt werden, beispielsweise am Gürtel oder in der Tasche. Außerdem werden eine Funkinfrastruktur zur Signalübertragung und eine besetzte Stelle, bei der die Alarme angezeigt und bearbeitet werden – die sogenannte Personen-Notsignal-Empfangszentrale (PNEZ) –, benötigt.

Funktionsweise

Kommt es zum Notfall, wird der Notruf vom PNG automatisch ausgelöst, die Alarmmeldung über die Funkverbindung zur PNEZ übertragen und dort angezeigt. Bei manchen Systemen wird auch die Position des PNG an der PNEZ angezeigt. PNG müssen neben dem willensabhängigen Personenalarm (Notsignaltaste) mindestens einen willensunabhängigen Personenalarm unterstützen. Dieser wird durch eine der folgenden Optionen ausgelöst:

Ruhealarm

Lagealarm

Zeitalarm

Eine Unterbrechung der Signalverbindung zwischen PNG und PNEZ führt ebenfalls zum Auslösen des Alarms. Zudem müssen PNG das Auffinden der in Not geratenen Person zum Beispiel durch einen lauten Alarmton oder die Übertragung von GPS-Koordinaten beziehungsweise Balkeninformationen erleichtern.

Personen-Notsignal-Empfangszentrale (PNEZ)

Die Person an der PNEZ ist für die weitere Alarmbearbeitung zuständig, also beispielsweise für die Alarmierung und das Lotsen der Ersthelfer oder der professionellen Rettungskräfte. Die PNEZ beinhaltet zudem die Möglichkeit, alle relevanten Aktivitäten wie Personenalarme und technische Alarme sowie deren Bearbeitung einschließlich Rücksetzung zu protokollieren.

Auswahl

Am Markt sind PNA mit unterschiedlichen Übertragungstechnologien verfügbar, zum Beispiel VHF-/UHF-Funk, DECT, TETRA und WLAN. Somit sind Anlagen zur Absicherung sowohl einzelner Arbeitsplätze als auch großflächiger Areale realisierbar. Personen-Notsignal-Empfangszentralen mit der Möglichkeit der Sprachkommunikation werden als PNEZ-S bezeichnet. Erfolgt die Signalübertragung über öffentlich zugängliche Netze, etwa Mobilfunknetze, wird von PNA-11 gesprochen.