„Damit muss ich jetzt leben“
Dirk Appel verletzte sich bei einem Arbeitsunfall so schwer, dass er erst nach eineinhalb Jahren wieder an seinen Arbeitsplatz als Gabelstaplerfahrer bei der Brauerei Veltins zurückkehren konnte. Und zwar nur mithilfe einer Unterschenkelprothese, eines myoelektrischen Fußes und eines an seine Bedürfnisse angepassten und umgebauten Staplers. Möglich war das alles durch die Unterstützung der BGN und seines Arbeitgebers.
Dirk Appel ist kein Mann der großen Worte. Auf die Frage, wie es ihm nun geht, fast zehn Jahre nach seinem folgenschweren Arbeitsunfall, antwortet er kurz und knapp: „Eigentlich ganz gut.“ In seiner Stimme schwingt keine Verbitterung mit. Dabei hätte er allen Grund, mit seinem Schicksal zu hadern. An einem Tag im Sommer 2015 steht der 45-Jährige bei der Brauerei Veltins im Lager und will gleich seinen Gabelstapler starten. Er unterhält sich noch mit einem Kollegen über eine umgefallene Palette, dann plötzlich totaler Filmriss. Dirk Appel weiß nicht mehr, was genau damals geschehen ist.
Fest steht: Er muss gestürzt sein und sein rechter Fuß wurde von einem anderen, rückwärtsfahrenden Stapler überrollt. „Ich habe wohl den Namen des Fahrers geschrien, aber richtig erinnern kann ich mich nicht. Nur dass ich auf dem Boden lag und irgendwas mit meinem Fuß nicht stimmte. Der Meister benachrichtigte sofort den Rettungswagen, der Notarzt gab mir eine Spritze und dann wurde alles endgültig schwarz“, erzählt Dirk Appel. Er wacht erst im BG Universitätsklinikum Bergmannsheil in Bochum wieder auf, voller Schmerzmittel, noch nicht ahnend, dass die Ärzte ihm in wenigen Tagen den Unterschenkel amputieren würden. „Tja, ich hatte ja keine andere Wahl. Also habe ich mir nach dem ersten Schock gesagt, damit musst du jetzt halt leben“, erinnert sich der zweifache Familienvater.
Fast eine halbe Million Euro
Die bisher angefallenen und von der BGN übernommenen Kosten für den Heil- und Wiedereingliederungsprozess von Dirk Appel belaufen sich auf rund 480.000 Euro.
„Herr Appel war von Anfang an sehr gefasst und hat sein Schicksal in bewundernswerter Weise angenommen“, berichten Doreen Thimm und Melanie Plegge, Reha-Managerinnen bei der BGN in Dortmund, die Dirk Appel seit seinem Unfall betreuen. Die beiden Frauen sind beeindruckt, mit welcher Konsequenz und Zielstrebigkeit der Mann seinen schwierigen Heilungsprozess akzeptierte und durch viel Eigenmotivation unterstützte. „Dabei hatte er immense Schwierigkeiten mit der Wundheilung am Stumpf, der nicht richtig verheilte, sich immer wieder entzündete und an dem mehrfach nachgearbeitet werden musste“, so Melanie Plegge.
Dirk Appel ist ein optimistischer Mensch. Er hat sich schnell mit seinem Schicksal abgefunden und immer nach vorne geschaut.
Diese Fußprothese enthält eine Batterie, die durch Muskelkontraktion in Bewegung gesetzt wird. Sie optimiert Dirk Appels Bewegungsabläufe.
Der lange Weg zur Prothese
Parallel zum stationären Krankenhausaufenthalt begannen bei ihm zu Hause die nötigen Umbaumaßnahmen wie die Anbringung eines Handlaufs am Treppenaufgang, später dann ein barrierefreier Umbau des Badezimmers. Nach 17 Tagen im BG Klinikum wurde Dirk Appel im Rollstuhl nach Hause entlassen. Doch den sollte er nicht lange benötigen. Bereits zu seiner ersten Reha-Planung ein paar Wochen später, an der sein Unfallchirurg und seine Reha-Managerin Melanie Plegge teilnahmen, erschien Dirk Appel mit Unterarmgehstützen. „Er ließ nie den Kopf hängen, obwohl er wegen der immer wieder auftretenden Wundaufbrüche keine Interimsprothese nutzen konnte sowie unter starken Schmerzen und Einschränkungen litt“, erinnert sich die Reha-Managerin.
Es sollte weitere drei Monate inklusive einer Nachoperation und einer stationären Rehabilitation dauern, bis der Stumpf von Dirk Appel so weit verheilt war, dass ihm eine Interimsprothese angepasst werden konnte. Eine erhebliche Erleichterung für das tägliche Leben des Mannes. Es folgten wieder intensive ambulante Therapiemaßnahmen sowie engmaschige Heilverfahrenskontrollen, die vom Reha-Management der BGN gesteuert und bezahlt wurden. „Die finale Versorgung der Unterschenkelprothese fand dann im Herbst 2016 statt, also fast eineinhalb Jahre nach seinem Unfall“, berichtet Doreen Thimm. Da Dirk Appel in einer bergigen Region wohnt und häufig auf unebenem Gelände unterwegs ist, bekam er eine zusätzliche Prothese, die diesen Anforderungen gerecht wird. „Dadurch sind ihm Ausflüge und Freizeitaktivitäten mit der Familie möglich. Wir legen großen Wert darauf, dass unsere Versicherten auch nach schweren Arbeitsunfällen am sozialen und familiären Leben teilhaben können“, betont die Reha-Managerin. „Dafür scheuen wir keine Kosten.“
Festes Ziel: Wieder als Staplerfahrer arbeiten
Es geht weiter aufwärts mit Dirk Appel. Er bekommt eine zusätzliche Duschprothese und eine Fußprothese für seine Tätigkeit als Gabelstaplerfahrer. Diese enthält eine Batterie, die durch Muskelkontraktion in Bewegung gesetzt wird, im Fachjargon heißt das myoelektrisch. Damit optimiert sie Dirk Appels Bewegungsabläufe im Stapler. Dass er bei seinem Arbeitgeber Veltins weiterarbeiten wollte, stand für ihn von Anfang an hundertprozentig fest. „Ich setzte alles daran, dort wieder in Vollzeit Gabelstapler fahren zu können“, so Appel. „Ohne Arbeit wäre mir ja furchtbar langweilig.“ „Um Herrn Appels Mobilität sicherzustellen, veranlassten wir im Frühling 2016 eine verkehrsmedizinische Untersuchung“, erklärt Doreen Thimm. Hieraus ergaben sich Anpassungen des Führerscheins mit den folgenden Auflagen: Gaspedal links sowie Bremsverstärker. „Daraufhin bezuschussten wir den Umbau und die Anpassung seines Pkw. Schließlich muss Herr Appel ja zur Arbeit kommen und soll sich auch ansonsten frei mit seinem Auto bewegen können“, bekräftigt die Reha-Managerin. „Als zweifacher Familienvater ist das ein absolutes Muss.“
Arbeitgeber stand voll zu ihm
Weil Dirk Appel trotz seiner Verletzung immer sehr motiviert war, auch im Hinblick auf seine berufliche Rückkehr, nahm das Reha-Management der BGN bereits im Herbst 2015 Kontakt zur Brauerei Veltins auf. In dem Gespräch mit dem Arbeitgeber wurden die Rückkehroptionen und die dafür erforderlichen Umbaumaßnahmen des Staplers thematisiert. „Für uns stand immer fest, dass wir alles tun werden, um unserem geschätzten und zuverlässigen Mitarbeiter Dirk Appel die Rückkehr an seinen früheren Arbeitsplatz zu ermöglichen“, erklärt Peter Peschmann, Geschäftsführer Technik der Brauerei C. & A. Veltins.
Gesagt, getan: Der vorhandene Stapler der Firma Linde wurde entsprechend den Vorgaben und Möglichkeiten vom Hersteller selbst in dessen Werk umgebaut. Dirk Appel reiste extra dorthin, um dabei sein zu können. Für ihn wurden Pedale und Sitzschienen verlegt und ein Joystick eingebaut. Im Herbst 2016 nahm der TÜV die Maßnahmen ab, die erforderlichen Kosten von rund 8.500 Euro wurden vollständig von der BGN übernommen. „Nicht zuletzt aufgrund der guten Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber, der auch die Auflademöglichkeiten für den myoelektrischen Fuß bereitstellt, ist eine dauerhafte erfolgreiche berufliche Integration bis zum heutigen Tag gelungen“, sagt Doreen Thimm. Eine solche Erfolgsstory wünscht sich die Reha-Managerin der BGN für jede versicherte Person, die während der Arbeitszeit einen schweren, lebensverändernden Unfall hat.