Sie sei unruhig, habe Herzrasen und Panikattacken und traue sich nicht mehr, Auto zu fahren. Wochen nach ihrem Autounfall schildert Fleischereiverkäuferin Marion K. im Rahmen einer Nachkontrolle ihrem Durchgangsarzt, wie es ihr geht. Er vermutet, dass die Frau an psychischen Problemen leidet. Was war passiert? Marion K. wurde bei dem Unfall, den sie auf dem Rückweg von der Arbeit nach Hause hatte, in ihrem Wagen eingeklemmt und konnte sich nicht selbst befreien. Sie musste warten, bis die Feuerwehr am Unfallort eintraf und sie aus dem Auto befreite. Damals wurde sie wegen einer leichten Gehirnerschütterung, mehrerer Prellungen und einer einfachen Unterarmfraktur ein paar Tage im Krankenhaus behandelt. Diese körperlichen Beschwerden sind zwischenzeitlich geheilt, die seelischen Folgen des Unfalls aber nicht. Ihr Arzt überweist sie deshalb an einen Psychotherapeuten, der ihr in mehreren ambulanten Therapiesitzungen hilft, das Erlebte zu verarbeiten. Die Kosten für diese Behandlung trägt die BGN ebenso wie die ergänzenden Fahrtrainings in Begleitung eines Psychotherapeuten. Marion K. kann ihren Beruf nun wieder ausüben und ist glücklich.   

„Die Wiederherstellung der Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Versicherten nach Arbeitsunfällen oder bei anerkannten Berufskrankheiten ist auch bei psychischen Gesundheitsstörungen eine wichtige Aufgabe der BGN. Unsere Versicherten haben Anspruch auf Leistungen, die helfen, das Erlebte so schnell wie möglich zu bewältigen“, erklärt Martina Kern vom Referat Rehabilitation und Leistungen der BGN.

Das Psychotherapeutenverfahren, das die gesetzliche Unfallversicherung 2012 eingeführt hat, verfolgt zwei Ziele: So früh wie möglich bei psychischen Auffälligkeiten (z. B. Schlafstörungen, Ängstlichkeit, Gereiztheit) psychologisch-therapeutisch einzugreifen und den Versicherten professionelle Hilfe zukommen zu lassen.

Dafür hat die gesetzliche Unfallversicherung 2012 das sogenannte Psychotherapeutenverfahren eingeführt. Hier geht es darum, so früh wie möglich bei psychischen Auffälligkeiten (z. B. Schlafstörungen, Ängstlichkeit, Gereiztheit) psychologisch-therapeutisch einzugreifen und den Versicherten professionelle Hilfe zukommen zu lassen. Die Berufsgenossenschaften und Unfallkassen verfolgen damit ein klares Ziel: „Psychische Störungen sollen gar nicht erst entstehen oder sich gar chronifizieren. Es kann sich dabei um psychische Erkrankungen aufgrund körperlicher Unfallfolgen oder um isolierte psychische Traumata beziehungsweise Schockzustände nach Arbeitsunfällen handeln – zum Beispiel eine Gewalttat – oder solche, die als eine Begleiterkrankung zu Berufskrankheiten auftreten“, erklärt Martina Kern.

„Die Wiederherstellung der Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Versicherten nach Arbeitsunfällen oder bei anerkannten Berufskrankheiten ist auch bei psychischen Gesundheitsstörungen eine wichtige Aufgabe der BGN. Unsere Versicherten haben Anspruch auf Leistungen, die helfen, das Erlebte so schnell wie möglich zu bewältigen.“

BG-Kliniken als Dienstleister

Nicht jeder Mensch entwickelt nach einem traumatischen Ereignis eine psychische Erkrankung. Bei den meisten treten keine länger andauernden Folgen auf, aber bei einigen entwickeln sich Symptome, die eine schnellstmögliche Intervention erfordern. An diesem Punkt ist in erster Linie der Durchgangsarzt gefordert. Stellt er diese Symptome fest – so wie im Falle von Marion K. –, ist er angehalten, umgehend die BGN zu informieren. Die Therapie wird dann entweder direkt vom behandelnden D-Arzt oder von der BGN selbst eingeleitet. Ganz unbürokratisch sind zunächst fünf Sitzungen möglich. Die Therapie beginnt innerhalb einer Woche nach Auftragserteilung. Im Rahmen dieser Sitzungen wird auch der Bedarf weiterführender Behandlungsmaßnahmen geklärt, der dann von der BGN genehmigt werden muss. „Unser Netzwerk umfasst circa 800 ambulante Psychotherapeuten. Diese müssen selbstverständlich besondere Voraussetzungen erfüllen, unter anderem bei der Behandlung nach traumatischen Ereignissen“, so die Rehabilitationsfachfrau Kern. 

Unterstützt wird die Heilverfahrenssteuerung bei Bedarf auch durch die Konsultation der Psychotraumaambulanzen der BG-Kliniken. Diese stellen ein breites Spektrum an diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten bereit und sind effizient in das berufsgenossenschaftliche Heilverfahren eingebunden. „Das Psychotherapeutenverfahren sichert also nicht nur die ambulante Versorgung im Akutfall, sondern auch die Versorgung bis hin zur kompletten beruflichen Reintegration. Wenn es erforderlich ist natürlich auch unter Einbeziehung des Reha-Managements und weiterer Beteiligter“, erläutert Martina Kern. Für die wechselseitige Information zwischen den Behandlern sorgt die BGN, wobei dies nur möglich ist, wenn entsprechende datenschutzrechtliche Einwilligungserklärungen des Versicherten vorliegen.