
BGN forscht für besseren Arbeitsschutz
Um das ambitionierte Präventionsziel „VISON ZERO“ – keine schweren und tödlichen Arbeitsunfälle mehr – zu erreichen, setzt die BGN in hohem Maße auch auf Forschung, Entwicklung, modernste Methoden und neueste Technik. Um die Effizienz dieser Anstrengungen zu optimieren, kooperiert die BGN mit anderen Institutionen aus den Bereichen Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz. Akzente stellt ausgewählte Projekte vor.
Bei speziellen, insbesondere physikalischen Fragestellungen rund um das Thema Arbeitssicherheit ist häufig der Fachbereich Physik/Technik des Zentrallabors der BGN-Prävention gefordert. Der Fachbereich, der sieben Personen aus den Bereichen Physik, Ingenieurwissenschaften und Informatik sowie Studierende im Rahmen ihrer Abschlussarbeiten umfasst, liefert die benötigten Antworten durch Forschungs- und Entwicklungsprojekte und bedient sich dabei modernster Methoden wie beispielsweise Computersimulationen. Dem Fachbereich stehen vier eigene Labore im Gebäude der BGN-Hauptverwaltung in Mannheim, das Versuchsfeld der BGN in Kappelrodeck, ein eigener Großrechner sowie modernste Messtechnik zur Verfügung.
Die Projekte des Fachbereichs werden häufig über die Forschungsgesellschaft für angewandte Systemsicherheit und Arbeitsmedizin (FSA) abgewickelt. Die FSA ist ein eingetragener gemeinnütziger Verein, bestehend aus Unfallversicherern, privaten Unternehmen und Hochschulen, bei dem die BGN federführend wirkt. Der Verein hat sich auf die Fahnen geschrieben, die Arbeitssicherheit mithilfe eigener Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen zu erhöhen.
Staubexplosionsgefahr reduzieren
Die Forschungs- und Entwicklungsarbeit des Fachbereichs ist aufgrund der Verschiedenheit der FSA-Mitglieder breit gefächert. In den von der BGN betreuten Branchen, aber beispielsweise auch in der Chemiebranche, die durch die Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI) in der FSA vertreten ist, ist die Verarbeitung von brennbaren Schüttgütern und die damit verbundene Gefahr von Staubexplosionen ein prominentes Thema. Aus diesem Grund hat die Arbeit des Fachbereichs hier einen Schwerpunkt.
So wurde zum Beispiel in jüngerer Zeit untersucht, wie schnell sich eine Staubexplosion in einer Anlage ausbreitet, deren Anlagenteile durch Rohre miteinander verbunden sind, durch die das produzierte Schüttgut mithilfe von Druckluft transportiert wird (pneumatische Förderleitungen). Die Explosionsausbreitung geschieht dadurch, dass Flammenfronten durch die brennbaren Staubwolken in den Förderleitungen laufen. Die Zerstörung der Produktionsanlagen und die Verletzung von Personal können nur dann verhindert werden, wenn die Flammenausbreitung durch Förderleitungen mittels Flammensperren unterbunden wird. Damit diese Schutzsysteme funktionieren, müssen sie schließen oder löschen, bevor die Flammenfront vorbeigezogen ist – sie müssen also an den richtigen Orten platziert sein. Diese Orte lassen sich nur bestimmen, wenn die Flammenfrontgeschwindigkeit bekannt ist. Diese wurde auf dem Versuchsfeld gemessen und auf dem Großrechner mit dem Ziel simuliert, den BGN-Mitgliedsbetrieben und Anlagenbetreibern ein Werkzeug in Form einer Software an die Hand zu geben, mit der die korrekten Positionen von Flammensperren ohne aufwendige Versuche und allein durch Berechnung bestimmt werden können. Diese Software soll als sechstes Modul in das FSA-SoftwarepaketExProtect integriert werden. ExProtect enthält aktuell fünf Software-Werkzeuge, hauptsächlich zum Thema Druckentlastung, und kann auf der Homepage der FSA heruntergeladen werden.
Aktuell wird mithilfe von Computersimulationen auch die Frage untersucht, wie sich die Staubkonzentrationsverteilung in Silos bei zentraler pneumatischer Befüllung von oben mit zunehmendem Silovolumen verändert. Sollte sich zeigen, dass die Staubkonzentration mit steigendem Silovolumen ungleichmäßiger wird, könnte das Regelwerk entsprechend angepasst werden. Für die BGN-Mitgliedsbetriebe würde das bedeuten, dass sie beim konstruktiven Explosionsschutz weniger Aufwand betreiben müssen, was eine deutliche Kostenersparnis zur Folge hätte.

Wie schnell breitet sich eine Staubexplosion in Anlagen aus, die Schüttgut mit Druckluft durch verbundene Rohre transportieren? Das wird an diesem Versuchsstand erforscht.

Eine mobile Schutzwand soll die Sicherheit an Gleisbaustellen erhöhen. Messungen von Windgeschwindigkeit und Druck mit und ohne Schutzwand helfen bei der Entwicklung.
Vorsicht, Kohlendioxid!
Aus dem Brauereiwesen kam die Aufgabe, eine mathematische Formel abzuleiten, mit der die Ausflussdauer von Kohlendioxid (CO2) aus Biertanks berechnet werden kann. Der Hintergrund: Mit Bier gefüllte Tanks werden mithilfe von CO2 unter Druck entleert. Nachdem das CO2 entwichen ist, können Mitarbeitende in die Tanks steigen und diese von innen per Hand säubern. Eine gefahrlose manuelle Reinigung ist aber nur möglich, wenn keine gefährliche Atmosphäre in den Biertanks vorliegt. Durch die Simulation des CO2-Ausflusses und die Validierung der Simulationsergebnisse unter Verwendung von Messdaten des Fachbereichs Messstelle für Gefahrstoffe des Zentrallabors der BGN-Prävention soll eine ausreichende Datenbasis für die Ableitung einer Formel geschaffen werden.
Schutz durch Technik
Neben Forschungsprojekten sowie der Entwicklung von Software und Datenbanken widmet sich der Fachbereich Physik/Technik auch dem Bau von Geräten und Versuchsständen. So wurden beispielsweise weltweit einzigartige Messgeräte entwickelt, mit denen sich die Staubkonzentration im explosionsfähigen Bereich erfassen lässt oder heiße Objekte in Förderleitungen erkannt werden können. Das erstgenannte Gerät wird unter anderem für Risikoanalysen eingesetzt, um festzustellen, ob die Staubkonzentration in Anlagenteilen so hoch ist, dass Staubexplosionen auftreten können. Das zweite Gerät erkennt heiße Objekte – sogenannte Glimmnester – in pneumatischen Förderleitungen und verhindert so, dass diese als Zündquelle für Staubexplosionen dienen können.

Mit Computersimulationen berechnen Fachleute die Ausflussdauer von Kohlendioxid aus Biertanks. Erst wenn keine gefährliche Atmosphäre mehr durch zur Druckentleerung verwendetes Kohlenstoffdioxid vorliegt, können Tanks gefahrlos manuell gereinigt werden

Das weltweit einzigartige Messgerät „SKG 7-18“ wurde im Fachbereich Physik/Technik entwickelt. Bei Risikoanalysen hilft es festzustellen, ob die Staubkonzentration in Anlagenteilen so hoch ist, dass Staubexplosionen auftreten können.
Achtung, Zug!
Zwei Projekte zum Thema Sicherheit von Beschäftigten am Gleis wurden von FSA-Mitgliedern – Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU), Unfallversicherung Bund und Bahn (UVB) und Pfeil Sicherung GmbH – beantragt und anschließend im Fachbereich Physik/Technik bearbeitet. Im ersten Projekt geht es darum, wie die aerodynamischen Belastungen auf Beschäftigte am Gleis von Zugtyp, Zuggeschwindigkeit und Abstand vom Gleis abhängen. Um diese Fragestellung zu klären, werden Messungen am Gleis mit Computersimulationen kombiniert und die Software FSAero entwickelt. Damit wird es möglich sein, aktuell gültige Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten am Gleis zu überprüfen und gegebenenfalls zu verbessern.
Das zweite Projekt unterstützt die Entwicklung einer neuartigen mobilen Schutzwand, die auf Gleisbaustellen eingesetzt werden soll. Durch diese Schutzwand werden Beschäftigte am Gleis vollständig von der Gefahrenquelle vorbeifahrender Züge abgeschirmt.
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